Es ist Ende April. Die Apfelbäume stehen in voller Blüte, rund zwei Wochen früher als in den letzten Jahren. Ein vielstimmiges Summen liegt in der Luft und untermalt den Gesang von Amseln und Grasmücken. Schon ist die erste Generation Jungvögel in den Zweigen unterwegs. Und es vergeht kaum ein Tag, ohne dass Spaziergänger, Löwenzahnpflücker oder picknickende Familien die Ruhe und Schönheit dieses Fleckchens am Ulmer Stadtrand genießen. Man spürt den Sommer nahen …
Nur einer nicht: Er hält noch Winterschlaf, eingekringelt in einer Höhle tief im Erdboden.
Der Siebenschläfer und die Siebenschläferin machen ihrem Namen alle Ehre. Sie ruhen sehr, sehr ausgiebig. Und zwar von September bis April. (Wer schnell rechnen kann, hat’s bestimmt gemerkt: Eigentlich müssten sie Achtschläfer heißen!) Erst Anfang Mai kommen sie wieder zum Vorschein. Dann erkunden sie erstmal die Umgebung: Was hat sich seit dem letzten Herbst verändert? Wo gibt es gutes Futter? Welche Baumhöhle ist frei zum Einzug? Wenn alles geklärt ist, geht es ans Bauen eines Nestes aus Blättern, in dem im August die Jungen aufwachsen sollen.
Die flinken, etwa 30 Zentimeter langen Tiere sind typische Bewohner großer Obstgärten. Hier finden sie genug Nahrung, um sich während der Sommermonate den nötigen Speck für den langen, futterlosen Winter anzufressen. Alte Bäumen bieten ihnen Höhlen, in denen ihre Jungen geschützt aufwachsen können. Auch Nistkästen oder Schlupfwinkel unter Hausdächern sind dafür geeignet – Hauptsache, dass Katzen und Marder nicht herankommen.
Obwohl im Hermannsgarten Siebenschläfer leben, bekommen wir sie nie zu Gesicht, wenn wir es nicht darauf anlegen. Nicht nur, weil sie so lange schlafen: Siebenschläfer sind nachtaktiv und verlassen ihr Versteck erst, wenn wir Menschen wieder nach Hause gegangen sind. Dass sie da sind, verraten uns aber die Spuren, die sie nachts hinterlassen.
Davon kann die Imkerin Maria Ritter Einiges erzählen. Im Hermannsgarten hat sie nicht nur ihre Bienenvölker, sondern auch eine Holzhütte mit Material und Arbeitsgeräten. Wenn sie die Hüttentür öffnet und dahinter Chaos vorfindet, dann war mal wieder nächtlicher Besuch da. Siebenschläfer können fantastisch klettern: Eine senkrechte Wand hoch oder runter? Kein Problem! Dann ist nur noch ein schmaler Spalt unter dem Hüttendach nötig und schon kann der kleine Eindringling sich wunderbares Material zum diesjährigen Nestbau verschaffen: fein zernagtes Zeitungspapier zum Beispiel. Nebenbei werden noch Säcke, Schachteln und Holzregale angeknabbert. Tja, Siebenschläfer sind eben Nagetiere! Fürs Aufräumen ist dann die Imkerin zuständig. Aber sie nimmt es gelassen hin.
Wenn unsere Hermannsgarten-Siebenschläfer in diesen Tagen ihre Erdhöhle verlassen und den Garten durchstreifen, können wir sie leider nicht dabei beobachten. Aber wir können per Webcam miterleben, wie ihre Artgenossen in einem Nistkasten in Leverkusen ihr Nest einrichten und Junge aufziehen. Also dann: „Aaaauuuufwachen!“
Text: Henrike Hampe
Siebenschläfer-Projekt von NABU und BUND Leverkusen
http://nabu-leverkusen.de/nabubund-leverkusen/wir-ueber-uns/projekt-siebenschlaefer/
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